Zwischen Schwerkraft und Möbiusband

Ralph Caspers liest im Lehmanns aus seinem Kinderbuch »Wenn Glühwürmchen morsen«.

»Hätte nicht gedacht, dass so viele kommen bei dem Wetter«, raunt ein Vater seinem Sohn zu. Die beiden sitzen gespannt in der Lehmanns Buchhandlung und warten auf die Lesung von Ralph Caspers. Vielleicht liegt es aber gerade an den eisigen Temperaturen, dass die warme Buchhandlung aus allen Nähten platzt. Der sympathische Klugscheißer moderiert unter anderem »Wissen macht Ah!« sowie »Die Sendung mit der Maus« und reiht sich hinter Peter Lustig und Pippi Langstrumpf in die Schlange der Kindheitshelden ein.

© Verlag Thienemann-Esslinger

In der Kinderbuchabteilung knien an diesem Nachmittag unzählige Kinder auf dem Boden, dahinter reihen sich die Eltern, für die es auch nach der zweiten Fuhre an Klappstühlen nicht genügend Sitzplätze gibt. Aber egal: Für Ralf Caspers nimmt man das Stehen gern in Kauf. Der Autor nimmt auf einem großen, quietschgrünen Sessel Platz. Über seinem dunkelblauen Sakko hängt ein gestreifter Schal und im Gesicht trägt er – natürlich – die markante, schwarz gerahmte Brille. Caspers hat neben seinem Buch auch einen Vortrag mit vielen Diagrammen vorbereitet. Damit würde es schön langweilig werden – sein Buch sei ja immerhin auch zum Einschlafen gedacht. Die Kinder krümmen sich vor Lachen. »Ich nehm’s auch nicht persönlich, wenn ihr bei den Gute-Nacht-Geschichten einschlaft – nur wenn ihr schnarcht«, ergänzt Caspers und hat die Kinder endgültig auf seiner Seite.

Dann werden die jungen Zuhörer in die Lesung mit einbezogen: Sie sollen immer eine Zahl zwischen 1 und 40 rufen, um so zu bestimmen, welches Kapitel gelesen wird. »Sollte ein Scherzkeks die gleiche Zahl nochmal reinrufen, dann lese ich die gleiche Geschichte nochmal«, motiviert Caspers die kleinen Gäste zum aufmerksamen Zuhören.

Moderator, Autor, Kindheitsheld – Ralph Casper hat jetzt sein erstes Kinderbuch veröffentlicht. © Johannes Haas

In »Wenn Glühwürmchen morsen« verschwimmen die Grenzen zwischen Alltag und Fantasie. In kurzen Geschichten erzählt Ralph Caspers von dem Leben der Familie Sonnenberg, von Papa und Mama, viel mehr aber von den Geschwistern Greta und Paul. Gespannt hören nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern zu. Ralph Caspers liest sehr angenehm, er verspricht sich nicht und mit geschlossenen Augen hat die Lesung etwas von einem Hörbuch, das abgespielt wird. Besonders gut kommt es bei dem jungen Publikum an, wenn Caspers die Stimme verstellt. In einem Moment ahmt er die lieblich säuselnde Greta nach, um sie im nächsten Moment wie einen Wurstverkäufer brüllen zu lassen. Ebenso unterhaltsam ist es, wenn Paul vor den Augen seiner Mutter ein Glas auf dem Küchenboden zerschellen lässt, um die Schwerkraft zu testen.

Je mehr Geschichten Caspers liest, desto klarer wird: Dieses Buch hat wirklich dieser Schlaumeier von »Wissen macht Ah!« geschrieben. Wer sonst könnte Morsezeichen oder das Möbiusband so sympathisch und leicht erklären? Er schafft es, Wissenschaft ganz selbstverständlich in Geschichten einzubauen, übertreibt es aber nicht. Stattdessen erzählt er lieber Geschichten von seiner Familie. Caspers spricht beispielsweise von dem kleinen Sprachfehler seines Sohns, der immer, wenn er etwas angestellt hatte »Is nis slimm« sagte und er nur »Wo?« entgegnete. Hier lachen die Eltern so sehr wie die Kinder. Ähnliche Szenarien sind offenbar weit verbreitet.

Nachdem Caspers mit einer seiner Lieblingsgeschichten die Lesung beendet hat, fragt ein Kind, ob es jetzt noch Autogramme gäbe. Als Caspers darauf »Ja. Sogar von mir« antwortet, erntet er die letzten Lacher und beim Blick ins Publikum fällt eines auf: Niemand ist eingeschlafen.

Beitragsbild:  Ralph Caspers liest aus seinem ersten Kinderbuch. © Lucie Herrmann


Die Veranstaltung: Ralph Caspers liest aus Wenn Glühwürmchen morsen, Lehmanns, 17.3.2018, 16 Uhr

Das Buch: Ralph Caspers: Wenn Glühwürmchen morsen. Thienemann-Esslinger Verlag, Stuttgart 2017, 160 Seiten, 13,99 Euro, E-Book 9,95 Euro


 

 

Die Rezensentin: Lucie Herrmann