Zwischen Luxushotel und Slum

Die Lesung von Preti Taneja aus ihrem Debütroman »Wir, die wir jung sind« zur Leipziger Buchmesse 2019 lockte zur späten Abendstunde in die »naTo Leipzig«.

Wie können Gender-Politik, die Kaschmirregion, »Brexit« und das Patriarchat in einem Roman miteinander verknüpft werden? Vor allem, wenn dabei moralische und ethische Fragestellungen der Zeit aufgeworfen werden sollen? Die britische Autorin und Menschenrechtsaktivistin Preti Taneja spricht über diese teilweise sogar totgeschwiegenen Konflikte, die sich seit geraumer Zeit in Indien und Großbritannien ereignen, aber doch jeden betreffen. Das Epos einer Unternehmensdynastie erzählt vom Aufeinandertreffen der Generationen, den aktuellen Entwicklungen in Indien und den Strukturen von Macht und Geld, die bis ins Elendsviertel nachzuspüren sind. Shakespeare-Fans werden die Vorlage zu »Wir, die wir jung sind« sofort erkennen – die Autorin ließ sich schon im Alter von 17 Jahren durch »King Lear« für ihren späteren Roman inspirieren.

Die indischstämmige Autorin Preti Taneja ist in Großbritannien geboren und aufgewachsen. © Louise Haywood Scheifer, C.H.Beck

 

Die Buchvorstellung findet im Rahmen der »Buchmesse International Spezial 2019«-Reihe ihren Platz in der »naTo Leipzig« und verzeichnet mit Beginn um 22 Uhr ein zahlreiches und interessiertes Publikum. Der kleine Saal erinnert an ein Kino mit seinen rangartig angeordneten Zuschauerplätzen und einem roten Vorhang. Von einer Bühne, jedoch auf Augenhöhe zum Gast und in gemütlichem Licht sitzend, blicken uns der Moderator Thomas Hummitzsch und Preti Taneja gutgelaunt an. Man merkt, dass die Preisträgerin sehr vertraut mit ihren geschriebenen Zeilen umgeht. Sie liest begeistert mit verschiedenen Stimmlagen und versucht, eine Verbindung vom Buch zum Zuhörer zu schaffen. Die Atmosphäre der »naTo« schwappt von Beginn an auf die Lesung über und so vergehen die folgenden 50 Minuten durch spannende Fragen an die Autorin, ihre sympathische und lockere Art und das lustige Agieren von Thomas Hummitzsch und Preti Taneja viel zu schnell und mit einigen Lachern.

Der Roman »Wir, die wir jung sind« spielt im heutigen Indien. © C.H.Beck

Taneja selbst liest einige Ausschnitte auf Englisch vor und stellt dabei einen Kurzumriss der wichtigsten Charaktere aus »Wir, die wir jung sind« vor. Der in die Jahre gekommene Geschäftsführer Devraj, »The Company« genannt, muss sein Erbe aufteilen. Infrage kommen seine drei Töchter und die zwei Söhne seines nächsten Vertrauten, Ranjit Singh. Ein Kampf der Geschlechter entbrennt und die Jungen, die Nachrückenden wollen endlich ihren Platz im System einnehmen. Das Spiel mit Macht in einer Welt zwischen Luxushotels und Slums beschreibt Preti Taneja erschreckend ehrlich und aus der direkten Gefühlswelt der Charaktere. Für die Autorin ist es klar ein feministisches Buch, das mit aktuellen Diskussionen, wie dem »Brexit«, in Verbindung gesetzt werden kann. William Shakespeare schrieb mit »King Lear« ein Stück gegen die Teilung Großbritanniens. Laut Taneja sollte man daraus lernen, an die Minderheiten denken und Teilungen grundsätzlich nicht übereilen. Auf die letzte Frage des Abends, wie man denn schlussendlich ein gutes Leben führen kann, entgegnet sie überzeugt, aber mit Bedacht: »Darauf gibt es keine Antwort. Für mich jedenfalls …«

Beitragsbild: Die Autorin Preti Taneja liest vor und agiert im Dialog mit dem Moderator Thomas Hummitzsch. © Victoria Gruber


Die Veranstaltung: Preti Taneja liest aus Wir, die wir jung sind, Moderation: Thomas Hummitzsch, naTo Leipzig – Soziokulturelles Zentrum, 21.3.2019, 22 Uhr


Das Buch: Preti Taneja: Wir, die wir jung sind. Norwich, München 2019, 629 Seiten, 26 Euro, E-Book 19,99 Euro


 

 

Die Rezensentin: Victoria Gruber

Ein Gedanke zu „Zwischen Luxushotel und Slum

  1. Toll, vielen Dank für die Lesungsbesprechung! Habe dieses Buch erst nachträglich im Messeprogramm entdeckt und die Veranstaltung leider verpasst. Jetzt weiß ich, dass ich es mir bestimmt auf meinen E-Reader lade. In English 🙂
    Grüße + Danke an alle Lauscher von Peggy

Kommentare sind geschlossen.