Lesen für Bier – Robert Rescue lädt zu Bier und verschiedensten Texten im Periplaneta Literaturcafé in Berlin ein.
Von Weitem sehe ich bereits ein paar Interessierte vor dem Periplaneta stehen und sitzen. Die Meisten halten ein Bier in der Hand – wie sollte es an diesem Abend auch anders sein – und unterhalten sich ausgelassen. Von außen sieht das Café aus wie jedes andere. Ein großer leuchtender Schriftzug mit dem Namen ziert die Tür. Doch beim Näherkommen erkenne ich Bücher. Bücher auf den Fensterbrettern, auf dem kleinen Tresen vor der Bar und in Regalen an den Wänden. Als ich den gedimmten Raum des Periplaneta Verlages betrete, wird mein Blick auf den Publikumsbereich gelenkt. Ich kann drei Stuhlreihen erkennen, die jeweils nicht mehr als für acht Personen Platz bieten.
Es ist kurz nach 20 Uhr, als die Gäste von draußen hereintrudeln. Thomas Manegold vom Periplaneta schnappt sich das Mikrofon, leitet den heutigen Abend ein und erklärt das Konzept. Robert Rescue und sein Gast werden abwechselnd Texte aus dem Publikum vorlesen. Danach wird entschieden, ob der Vortrag oder der Text besser war. Für den Gewinner gibt es dann ein Bier. »Lesen für Bier ist also Fremdlesen – so ähnlich wie Fremdschämen, nur cooler«, beendet Thomas seine Einleitung. Nun tritt Robert dem Mikrofon entgegen. Er veranstaltet einmal im Monat diesen Abend hier im Café. Er stellt sich und seinen heutigen Gast Meikel Neid kurz vor. Er ist Cartoonist und schreibt Geschichten. Ganz besonders wichtig: Sie beide haben in derselben Straße zu unterschiedlichen Zeiten gewohnt. Dadurch seien sie quasi fast Nachbarn gewesen. Nun sei diese Straße uninteressant, weil die wichtigsten Persönlichkeiten weggezogen sind. Mir gefällt Roberts trockener Humor. Ich bin nicht die Einzige: Auch durch das restliche Publikum zieht heiteres Lachen.

Meikel startet mit dem ersten Text des Abends. Er stammt aus seinem Kurzgeschichtenbuch »Liebes Grüsse aus Mostrich«. Passend zum heutigen Abend wählt er eine Geschichte über Bockwürste und Bier. Danach geht es mit dem eigentlichen Teil los. Die ersten beiden Texte sind selbst geschrieben und das Bier geht jeweils an die Verfasser aus dem Publikum. Gleich danach wird deutlich, dass tatsächlich alles erlaubt ist. Robert greift ein Buch, das aus Lappland stammt. Es wird erklärt, wie ein heller Frosch und sein Sezieren gegen Halsschmerzen helfen sollen.
Auch im weiteren Verlauf des Abends geht es lustig zu. Mal liest Meikel eine E-Mail von Studierenden über die Bachelor-Master-Reform von einem Kindle ab, mal gibt es schlechte Übersetzungen von Bedienungsanleitungen eines Microsoft-Systems. Als Robert zu einem handschriftlichen Tagebucheintrag greift, wird es spannend. Wird er ihn entziffern können? Bereits bei der Überschrift gibt es Probleme. »Steht da jetzt IKEA?«, fragt Robert. Aus dem Publikum hilft ihm die Verfasserin. Es folgen interessante Einblicke in die Gedanken beim Kauf einer IKEA-Pflanze. Das Bier für den Gewinner wird dabei zur Nebensache.

Es folgt der Höhepunkt des Abends: ein niederländisches Kreuzworträtsel. So etwas habe auch er noch nicht bei Lesen für Bier gesehen, gibt Robert zu. Gemeinsam mit der Hilfe des Publikums wird geraten, was die passenden Begriffe sein könnten. Zuerst muss jedoch überlegt werden, was eigentlich gesucht werden könnte. Mit jeder neuen Textart, die im Verlaufe des Abends präsentiert wird, bin ich überraschter. Was alles Literatur sein kann, ist unfassbar. Die einen Texte regen zum Nachdenken an. So zum Beispiel ein Text aus einem Magazin über das eigene Schlafverhalten. Andere Texte, wie die 107 Gründe für ein Bier, wiederum sind einfach nur komisch und bringen das gesamte Publikum herzhaft zum Lachen.
Die Uhrzeit ist vorangeschritten: Es ist mittlerweile nach 22 Uhr. Ich erwische mich dabei, wie ich ganz traurig bin, als der letzte Text für heute angekündigt wird. Über den Abend denke ich noch lange nach. Mir wird deutlich, dass in jeder Lebenslage, mit jeder Form von Text Komik, Dramatik oder Spannung erzeugt werden kann. Wenn dabei noch ein Bier in netter Gesellschaft rausspringt, dann ist es ein durchaus gelungener Abend.
Beitragsbild: Robert Rescue (links) und sein Gast Meikel Neid (rechts). © Pia Ebeling
Die Veranstaltung: Lesen für Bier, moderiert von Thomas Manegold und Robert Rescue, zu Gast Meikel Neid, Periplaneta Verlag und Literaturcafé in Berlin, 25.8.2018, 20 Uhr.
Die Rezensentin: Pia Ebeling