Zwei Freundinnen sind unterwegs in den Süden: Eine groteske Reise mit und auf den Spuren ihrer Väter und auf der Suche nach sich selbst.
Die Lesung zu Lucy Frickes neuem Roman findet im taz Studio auf der Buchmesse Leipzig statt. Das kleine Studio inmitten der großen Messehalle ist voll. Der Großteil des Publikums ist weiblich und Autorin und Moderatorin nehmen vorne auf dem Sofa Platz. Bevor Lucy Fricke, 1974 in Hamburg geboren und heute in Berlin lebend, einen ersten kleinen Auszug aus »Töchter« vorliest, erzählt sie vom Prozess des Schreibens. Davon, dass das Thema Eltern für Frauen um die 40 wieder aktuell wird, man sich mit seiner eigenen Geschichte nochmal auseinandersetzt und diese und sich selbst hinterfragt. Ihre Stimme ist angenehm, alle hören gespannt zu und lachen, wenn witzige Stellen vorgelesen werden.

In ihrem Roman geht es um zwei Frauen in der Mitte ihres Lebens, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Martha, die unbedingt ein Kind möchte und Betty, die ein ganz anderes Lebensmodell führt, ohne Kinder, ohne Ehemann. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg in die Schweiz, auf der Rückbank sitzt Marthas totkranker Vater. Das Ziel ist eine Sterbeklinik, doch manchmal ändern sich Pläne. Es geht weiter in den Süden bis nach Italien und Griechenland.
Beide Frauen sind auf der Suche nach ihrer eigenen Geschichte. Martha sucht die Verbindung zu ihrem Vater, die sie nie hatte und lernt ihn erst jetzt richtig kennen. Betty möchte herausfinden, was damals mit ihrem Vater geschah, als er verschwand und starb. Dass diese Reise nicht nur ein Vergnügen ist, wird schnell deutlich.
Die Idee für ein Roadmovie hatte Fricke während einer Reise in den Süden. Sie wollte die Sehnsuchtsorte der Deutschen, die sie selber besucht hatte, in ihrem Roman beschreiben. Auf die Frage hin, ob der Roman auch Teile ihrer eigenen Lebensgeschichte enthalte, antwortet Lucy Fricke nur, dass er sehr persönlich, aber nicht autobiographisch sei.
Der vierte Roman der Autorin ist grotesk, witzig und berührend zugleich. Einige Teile wirken etwas an den Haaren herbeigezogen und unwirklich. Trotzdem ist man gefesselt und möchte wissen, wie die Reise endet. Eine Zeile eines Gedichtes von Pablo Neruda, welches Betty zitiert, ist bei mir hängen geblieben: »Ist nie nicht doch besser als spät?« Eine Frage, die man sich während des Lesens und auch danach noch stellt. Manchmal sind Dinge so schön, dass man sie nicht in Frage stellen und ruhen lassen sollte.
Beitragsbild: Autorin und Moderatin, Lucy Fricke (links) mit Anja Mierel (rechts). © Laura Linkhorst
Die Veranstaltung: Das taz Gespräch mit Lucy Fricke über Töchter, Moderation: Anja Mierel, Buchmesse Leipzig, taz Studio, 15.3.2018, 17 Uhr
Das Buch: Lucy Fricke: Töchter. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2018, 237 Seiten, 20,00 Euro, E-Book 16,99 Euro
Die Rezensentin: Laura Linkhorst