Vom Wort zum Bild

Rafik Schamis Bestseller wird zur Graphic Novel: Lesung des Illustrators Markus Köninger in der Buchkinder-Leipzig-Werkstatt.

Es ist dunkel im kleinen Saal. Und spät. Die Straßenbahnen fahren wegen des Schnees nicht so wie geplant. Als ich reinkomme, erzählt Markus Köninger gerade, wie er seine Entwurfsskizzen gemacht hat und dabei projiziert er sie an die Wand.

© Beltz & Gelberg

Gleich darauf beginnt die eigentliche Lesung und aus dem jungen, schüchtern wirkenden Illustrator mit der leisen Stimme wird ein Performancekünstler: Alle Stimmen und Geräusche, auch Wind, Regen, Fußschritte und Straßenlärm, macht er nach. Beginnt eine Seite, zeigt er den ersten Rahmen separat und es kommen nach und nach andere hinzu. Er liest nicht etwa aus dem Buch, sondern vom Computerbildschirm.

Der Bäckersohn soll einmal den Laden des Vaters übernehmen, möchte aber lieber Journalist werden. Seine Angebetete, Nadja, ist Tochter eines Regierungsspitzels. Der Protagonist und seine zwei Freunde Josef und Mahmoud gründen die »Schwarze Hand«: Eine Bande für die Gerechtigkeit und gegen Geheimdienstler. Ihr erster Drohbrief gilt ausgerechnet Nadjas Vater. Dann streiten die Jungen, weil Josef nicht damit einverstanden ist, den nächsten Brief an den Bäcker zu richten, damit er seinen Sohn nicht aus der Schule nimmt. Die Schwarze Hand scheint aufgelöst.

Der Arabischlehrer sorgt dafür, dass der Junge seine Gedichte an einen Verlag schickt. Mahmoud hat ein Theaterstück geschrieben, das soll ins Radio kommen. Dem Verleger gefallen die Gedichte und er druckt sie. Der Bäcker ist stolz auf seinen Jungen. Das Theaterstück strahlen sie im Radio auch aus – allerdings unter dem Namen eines berühmten Autors! Diese Unmöglichkeit erweckt die Schwarze Hand wieder zum Leben: Das Auto des gemeinen Diebes wird beschmiert und beschädigt, eine Botschaft der Schwarzen Hand an der Wand fordert alle auf, Ideen zu spenden, da man im Rundfunk »nur hohle Köpfe« habe.

Alle sind eher enttäuscht, als Köninger verkündet, den Rest können sie im Buch lesen. Er schlägt deshalb vor, noch zehn Minuten aus einem späteren Kapitel zu lesen und erntet begeisterte Zustimmung, sogar von der Frau, auf deren Arm ein Kind eingeschlafen ist.

Der Bäcker nimmt seinen Sohn aus der Schule. Der Junge droht wegzulaufen, doch Onkel Salim, der Nachbar, nimmt ihm das Versprechen ab, noch sechs Monate damit zu warten und einen anderen Ausweg zu suchen, um doch noch Journalist zu werden.

Danach stellen die Zuschauer Fragen: Wie lange es dauert, so ein Buch zu zeichnen? Sieben Monate, davor etwa genauso lange für die Textarbeit. Es ist nicht einfach, aus einem großen Roman eine Graphic Novel von 140 Seiten zu machen. Jemand anders fragt, wie viele der Bilder für das Buch »nicht« verwendet wurden. Die etwas überraschende Antwort: Jedes einzelne wurde verwendet, es gab keine Zeit für überflüssige Illustrationen. Leider ist die Lesung viel zu kurz, denn Köninger muss gleich nach Köln weiterreisen. Dass der Zug ausfällt, weiß er zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht. Schnell signiert er noch ein paar Bücher und verabschiedet sich dann eilig.

Die atemberaubende Illustration eines ebenso schönen Romans. Unbedingt zu empfehlen.

Beitragsbild: Markus Köninger. © Yasmin Al-Iriani


Die Veranstaltung: Markus Köninger liest aus Eine Hand voller Sterne, Buchkinder Leipzig, Werkstatt Endersstraße 3, 17.3.2018, 18 Uhr

Das Buch: Rafik Schami, Markus Köninger: Eine Hand voller Sterne. Beltz & Gelberg, Weinheim Basel 2018, 144 Seiten, 16,95 Euro, E-Book 7,99 Euro


 

 

Die Rezensentin: Yasmin Al-Iriani