Meike Winnemuth stellt im Zoo Leipzig ihr neues Buch »Bin im Garten – Ein Jahr wachsen und wachsen lassen« vor.

Wer hätte gedacht, dass sich einmal Menschen um die letzten Plätze für die Lesung eines Gartenbuches streiten würden? Die 100 Eintrittskarten sind schon lange vergriffen, bevor der Spaziergang durch den Zoo Leipzig zur Kiwara-Lodge starten soll. In kleineren Gruppen werden die Glücklichen mit Billett durch verschiedene Bereiche des Zoos geführt. Ich habe das Vergnügen, dem Zoolotsen Fabian zu folgen. Er berichtet spannende Dinge über die unterschiedlichsten Tiere und lässt nicht unerwähnt, dass sein Zeitmanagement schlecht sei, aber er hoffe, dass wir es pünktlich zur Lesung schaffen. So kommen wir, nachdem wir den Tiergarten durchkreuzen, auch als letzte Gruppe, aber dennoch pünktlich, an. Nachdem die Letzten sich mit kulinarischen Köstlichkeiten versorgt haben, kann es losgehen. Die Moderatorin Gesa Ufer begrüßt das Publikum. Die Autorin Meike Winnemuth muss eigentlich nicht vorgestellt werden, denn es scheint, dass alle Anwesenden sie kennen.
Meike Winnemuth macht keine halben Sachen. Während andere drei Wochen Urlaub im Ausland machen, verbringt sie ein Jahr mit dem Reisen um die Welt und berichtet davon in ihrem Buch »Das große Los«. Wo viele sich über eine selbstgezogene Tomatenpflanze auf dem Balkon freuen, zieht Winnemuth in eine Hütte an der Ostsee, legt dort einen Garten an und lässt uns in ihrem neuen Buch »Bin im Garten – Ein Jahr wachsen und wachsen lassen« an jedem Tag ihres Gartenjahrs 2018 teilhaben. In einem lockeren Gespräch erfahren wir, dass der Garten für Winnemuth früher eigentlich ein Synonym für Rente war, sich dieses Gefühl aber ganz langsam gewandelt hat. Ihre Reise um die Welt war auch der Weg in diesen Garten. Und so lag es für sie auf der Hand, Interessierte ebenfalls an diesem Abschnitt ihres Lebens teilhaben zu lassen.
Und es ist so, als hätte Winnemuth ihr Tagebuch für uns geöffnet. Am 9. Januar studiert sie den Ratgeber »Permakultur im Hausgarten«, um zu erfahren, welche Art von Boden ihr neues Refugium hat. Lehmiger Ton oder toniger Lehm? Der sandige Geschmack nach der empfohlenen Probe mit den Zähnen lässt sich dann doch am besten mit einem Single Malt herunterspülen. Einen Tag später wird sie Mitglied der »Royal Horticultural Society, der königlichen Gartenbaugesellschaft Großbritanniens«. Der Winter ist lang und die Ungeduld wächst. Wie also die Zeit nutzen, wenn man nicht draußen im Garten aktiv werden kann? Natürlich mit der Lektüre von Fachliteratur und dem Einkauf von unzähligen Samen und Werkzeugen.

Was hofft man sonst noch in so einem Tagebuch zu finden? Natürlich die eine oder andere Schwärmerei. Bei Winnemuth ist es Monty Don, der Moderator der britischen Gartensendung »Gardners‘ World«. Diese Sendung beschließt er jede Woche mit einem Ratschlag, was man an diesem Wochenende im Garten machen könnte. Nun weiß ich, dass ich nicht die einzige bin, die montags auf der Suche nach den empfohlenen Samen ist. Auch Winnemuth besorgte sich auf Montys Tipp hin sofort Cobaea scandens, Glockenrebe. Und während man nicht nur Winnemuths Aufblühen im Verlauf des Gartenjahrs beobachten kann, so kann man auch der Glockenrebe beim Wachsen zuschauen. Leider viel zu spät im Jahr gesät, aber im nächsten Jahr wird’s besser. Endlich ist der Frühling da. Neu erstandene Werkzeuge, Marschrüffel und Wiedehopfhaue, kommen zum Einsatz. Natürlich fragte sich auch Winnemuth zuerst, was denn der Wiedehopf so Schlimmes getan hat, dass man ihn nun mit einem speziellen Gerät hauen muss. Sie wird schnell eines Besseren belehrt, man schlägt mit dem Ende des Metallwerkzeugs, das aussieht wie der Kopf eines Wiedehopfs, Löcher in den Boden.

Nachdem wir erfahren haben, dass das richtige Werkzeug entscheidend ist, möchte die Moderatorin wissen, worin man sich im Garten am besten kleidet. Eindeutig Schlafanzug und »Backdoorshoes«. Mit dieser legeren Bekleidung ist sie in guter Gesellschaft, denn auch ihr Nachbar ist im Garten oft nur in Unterwäsche anzutreffen. Nun der Eintrag vom 9. Juni. Nach Schwärmereien und Kleidungsvorlieben erwartet uns tiefe Abneigung. Meike Winnemuth im Kampf gegen die Nacktschnecken. Sie probiert alles, und während sie dies so vorliest, hat man das Gefühl, direkt dabei zu sein. Es ist ein ungleicher Kampf, denn die Nacktschnecken sind in der Überzahl. Den Ratschlag einiger Experten, den Schnecken ein Opferbeet anzulegen, »denen einen Tisch zu decken und das Neonschild ›All you can eat: Bitte hier entlang‹« darüber zu hängen, lehnt sie jedoch ab. Am Ende scheint Winnemuth mit Internetzugang dann doch am längeren Hebel zu sitzen und bestellt alles, was dem Garten und der Umwelt nicht schadet, die Schnecken jedoch kampfunfähig macht.
Und so vergehen die 90 Minuten der Lesung wie bei der Gartenarbeit viel zu schnell. Und sehr erheiternd. Ja natürlich, die Zoomitarbeiter möchten nach Hause, die Tiere sollen in Ruhe schlafen können, der Schneeleopard scheint hierbei Probleme zu haben und tut dies lauthals kund. Aber doch bitte noch eine kleine Nachfrage Ufers: Was die Autorin von Rosen halte? Naja, Rosen seien für sie ein bisschen wie die eine oder andere Schauspielerin. »Bitchige, divenhafte und nach Aufmerksamkeit haschende Zicken«. Und auch wenn dem wahrscheinlich nicht jeder der Gäste zustimmt, so endet diese Lesung doch mit anhaltendem Applaus und einer langen Schlange am Büchertisch.
Wie das jetzt mit dem Garten weitergeht, wenn Meike Winnemuth demnächst auf Lesereise geht? Auch dies hat sie bereits geplant. Das Auto wird zum Gewächshaus umfunktioniert und die Tomatensämlinge reisen mit. Und für eine kleine Tomatenpflanze kann sich so eine Deutschlandtour auch schon wie eine Weltreise anfühlen. Wenn Tomatenpflanzen schreiben könnten, es würde bestimmt ein Kinderbuch mit dem Titel »Das große Los« werden.
Beitragsbild: Meike Winnemuths Buch »Bin im Garten«, im Garten. © Friederike Klose
Die Veranstaltung: Meike Winnemuth liest aus Bin im Garten – Ein Jahr wachsen und wachsen lassen, Moderation: Gesa Ufer, Kiwara-Lodge im Zoo Leipzig, 23.3.2019, 19.30 Uhr
Das Buch: Meike Winnemuth: Bin im Garten. Ein Jahr wachsen und wachsen lassen. Penguin Verlag, München 2019, 320 Seiten, 22 Euro, E-Book 17,99
Die Rezensentin: Friederike Klose
Liebe Friederike, toll geschrieben, genauso herrlich haben wir‘s erlebt. Ein schöner Abend! Habe das Buch mittlerweile schon 4mal erfolgreich verschenkt! Vielleicht sieht man sich mal wieder auf der einen oder anderen Lesung! Mach weiter so! Liebe Grüße C. M.