Übertönt und umgefahren

Dirk Pope liest auf der Leipziger Buchmesse aus seinem Jugendroman »Abgefahren«.

Dirk Pope. © Carl Hanser Verlag

Das Unbehagen ist dem Autor direkt anzusehen, als er es bemerkt: Die Zuschauer sind viel zu jung und dementsprechend unaufmerksam. »Das ist eigentlich ein Buch für junge Erwachsene und Jugendliche.« – Niemand reagiert. Die Grundschulkinder lärmen ungestört weiter und so geht das Abenteuer von Viorel, das mit der toten Mutter am Küchentisch beginnt, im Trubel der Buchmesse unter.

Schade, denn der Roman ist absolut lesenswert, die Geschichte skurril, gerade zu »Abgefahren«. Dirk Pope liest, trotz der Lautstärke und den »abgestellt« wirkenden Kindern, das erste Kapitel seines Jugendromans vor und der Sarkasmus, der der Geschichte innewohnt, bahnt sich seinen Weg zu den wenigen Aufmerksamen im Publikum.

© Carl Hanser

Da es der letzte Wunsch der Mutter war, in ihrem Heimatland Rumänien begraben zu werden, packt Viorel die Tote kurzerhand in den Kofferraum des Corsas und macht sich überstürzt und ohne Führerschein auf den Weg – begleitet vom »süßlich-käsigen« Leichengeruch, der im Auto »die Füße hoch legt«. Ein Roadtrip von Deutschland bis ans Schwarze Meer! Vielleicht etwas eigentümlich. Ob es fragwürdig ist, die Leiche seiner Mutter im Kofferraum zu transportieren? Naja, »tot ist tot«, wie es der Protagonist nüchtern ausdrückt. Die Reaktion eines Anhalters, den Viorel mitnimmt: »Ich finde es überaus bemerkenswert, wie du dich dieser, sagen wir einmal, delikaten Sache annimmst.«

Nach der Lesung nimmt sich Dirk Pope Zeit und im persönlichen Gespräch erläutert er sein Spiel mit Mythen und Vorurteilen über den »Wilden Osten«: Vampire, Schlepperbanden und Selbstgebrannter – Viorel malt sich einiges aus. Im Laufe seiner Reise entlang der Donau entwickelt er sich weiter und merkt, dass die meisten Vorurteile nicht ernst zu nehmen sind. Warum ist der Held der Geschichte eigentlich etwas dicklich, adipös? Die Antwort des Autors: Es soll eine Metapher sein. Die Donau, die Viorel bis ans Schwarze Meer begleitet, wird immer breiter. Gleichzeitig nimmt der Protagonist im Laufe seiner Reise an Masse ab – gefühlsmäßig zumindest.

Popes Roman ist verrückt und reist kopfüber ins Abenteuer. Leider kommt der Witz der Geschichte durch den Veranstaltungsort nicht ausreichend zur Geltung, wird schlichtweg übertönt und umgefahren.

Beitragsbild: Dirk Pope liest aus seinem Jugendroman »Abgestürzt«. © Céline Krost


Die Veranstaltung: Dirk Pope: Abgefahren: 15.3.2018, 13.30 Uhr

Das Buch: Dirk Pope: Abgefahren. Hanser Verlag, München 2018, 230 Seiten, 15,00 Euro, E-Book 11,99 Euro


 

 

Die Rezensentin: Céline Julia Krost

 


 

Ein Gedanke zu „Übertönt und umgefahren

  1. Eine Rezension, die Lust auf das Buch macht. Das Verrückte, Freche, Skurrile wirkt aufgrund der präzisen Darstellung der Szenerie der Lesung durch die Rezensentin so greifbar …als wäre man eben mittendrin im Geschehen des Buches. Phantastisch!!! Mehr davon …sowohl vom Autor, Dirk Pope, als auch von der Rezensentin Céline Julia Krost.

Kommentare sind geschlossen.