Am 16. März um 20 Uhr lernten die Besucher im Gemeindesaal der Thomaskirche nicht nur das Leben des Thomanerchors, sondern auch das Leben des Mannes kennen, der den Chor zusammenhält: Thomaskantor Georg Christoph Biller.

Die Lichter brennen hell und der Saal ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Fünf Minuten vor dem Start der Lesung werden sogar noch weitere Stühle hereingetragen, weil so viele Leute gekommen sind, um dem ehemaligen Thomaskantor Georg Christoph Biller und dem Autor des Buches, Thomas Bickelhaupt, zuzuhören.
Dann jedoch, gleich zu Beginn, die Enttäuschung: Der seit Jahren von Depressionen geplagte Biller lässt sich entschuldigen. Am Morgen stimmte er einem weiteren Aufenthalt in der Klinik zu und bedauere es sehr, dass er der Veranstaltung nicht beiwohnen könne.
Stattdessen betritt Thomas Bickelhaupt gemeinsam mit dem Tenor und langjährigen Freund aus Kinder- und Knabenchortagen Martin Petzold die Bühne. Rechts der beiden ein Flügel, links ein Klavier. Doch dieses Mal kommt weder das eine noch das andere zu Gehör. Das Ensemble »Conversalis« eröffnet den Abend mit Liedern aus den unterschiedlichsten Genres und sorgt im Gemeindesaal für eine klangvolle Atmosphäre.

Mit einem Dank für eine »stimmungsvolle Einstimmung« übernimmt Autor Thomas Bickelhaupt die Moderation. Schnell stellt sich heraus, dass Biller von den Besuchern zwar schmerzlich vermisst wird, Martin Petzold jedoch ein würdiger Ersatz für ihn ist. Er liest mit ruhiger und sanfter Stimme, die sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit der des Thomaskantors hat, aus dem Band und fügt ab und zu eine eigene kleine Geschichte bei, die er mit seinem Schulfreund und dem Chor erlebt hat.
Neben drei Abschnitten, die gelesen werden und die sich unweigerlich in die Länge ziehen, wirkt auch die musikalische Untermalung zuweilen viel zu lang. So erscheint der Abend am Ende doch mehr wie ein Konzert. Aber genau das scheint es auch zu sein, was den ehemaligen Thomaskantor ein Leben lang begleitet. Ein Konzert des Lebens. Ein Konzert mit hohen und tiefen Tönen. Aufgeschrieben von dem ebenfalls ehemaligen Thomaner Thomas Bickelhaupt, der damals aber bereits zu den »Großen« gehörte, erinnert sich Biller an sein Leben als Kind im Thomanerchor sowie an die Aufgabe des Thomaskantor-Postens.
Sehr detailgetreu erzählt er von zahlreichen Konzerten, Begegnungen und aufregenden Geschichten. Es ist ein steiniger und holpriger Weg bis an die Spitze des weltberühmten Knabenchors, und all dies beschreibt Biller in dem Werk. Auch schweigt er nicht über seine Krankheit und wie ihn die Depression immer wieder zurückdrängt.
Beitragsbild: v.l.n.r.: Ensemble Conversalis: Johann Jakob Winter, Johann Beyer, Benedikt Pilz, Franz Gischke, Konstantin Schmidt, Opernsänger Martin Petzold und Autor Thomas Bickelhaupt © Martha Johanna Engel
Die Veranstaltung: »Die Jungs vom hohen C«. Erinnerungsband des Thomaskantors Georg Christoph Biller. Wege und Umwege aus einem mitteldeutschen Pfarrhaus an die Spitze des weltberühmten Knabenchors, Moderation: Thomas Bickelhaupt, Thomaskirche, Gemeindesaal, 16.3.2018, 20 Uhr
Das Buch: Thomas Bickelhaupt: Georg Christoph Biller »Die Jungs vom hohen C«, Erinnerungen eines Thomaskantors. mdv mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2018, 160 Seiten, 12 Euro
Die Rezensentin: Martha Engel