Fuck, fuck, fuck, fuck, fuck – Welt-Kolumnistin Ronja von Rönne spricht mit Moderatorin Katrin Gottschalk über ihr Buch »Heute ist leider schlecht«.

Jammern kann so schön sein. Endlich mal alles von der Seele lassen, am liebsten völlig grundlos und möglichst sinnbefreit. Der zu laut atmende Kollege, ein kaputtes Ladekabel, kein Tabak mehr im Haus – über vieles könnte man sich aufregen. Und nach der Lesung Ronja von Rönnes aus ihrem neu erschienenen Buch »Heute ist leider schlecht«, einer Sammlung ihrer Kolumnen, Blogposts und neu verfasster Texte, tut man dies noch viel lieber und ohne schlechtes Gewissen. Denn die 25-jährige Journalistin sagt schulterzuckend: »Der Mensch ist eben nicht dazu gebaut, immer dankbar für Essen und einen Schlafplatz zu sein« und pocht in ihrem Buch auf mehr Akzeptanz für schlechte Laune.
Ronja von Rönne spricht so wie sie schreibt, oft zynisch, selten ohne Pointe. Doch ihrem durch die Medien vermittelten Image der arroganten Möchtegern-Autorin, die sich für wenig mehr als sich selbst und ihre Zigaretten interessiert, hält sie in der Realität nicht stand. Der Vorwurf, sie schreibe viel zu selbstreferentiell, trifft bei ihr auf Unverständnis, denn das literarische Ich könne nicht automatisch mit dem realen Ich gleichgesetzt werden und außerdem hat »Knausgard 7000 Seiten über sich selbst geschrieben und keiner regt sich auf«. Auch das Bild der Antifeministin, das Rönne seit ihrem umstrittenen Welt-Artikel »Warum mich der Feminismus anekelt« von 2015 verfolgt, muss revidiert werden. Denn hier sitzt sie nun neben Spiegel-Kolumnistin Margarete Stokowski, deren Buch »Untenrum frei« letztes Jahr als feministisches Werk gefeiert wurde, und bezeichnet ihre Worte von damals selbst als »bisschen Banane«. Destruktive Kritik und bösartige Kommentare im Internet lassen die junge Autorin nach eigener Aussage allerdings eh weitgehend kalt: »Hass zählt nur von Leuten, mit denen man Weihnachten feiert.«
Rönnes Texte handeln viel davon, lieber mal liegen zu bleiben, Termine zu vergessen und Zeit mit kuriosen Gedankengängen zu verschwenden. Dass ihr aber auch ernstere Themen am Herzen liegen, macht sie deutlich, indem sie über AfD-Demos oder Depressionen schreibt. Immer irgendwie witzig, immer mit feinem Sarkasmus, aber doch mit eigener Meinung und gesellschaftskritischen Ansätzen. Auf ihrer Lesung redet sie davon, wie wichtig Wut ist, die sich in Aktionismus äußert, und darüber, dass sogenannte besorgte Bürger dringend mit ihren Ängsten konfrontiert, statt von populistischen Politikern darin noch bestärkt werden sollten. Man spürt, wie wichtig ihr dieses Thema ist. Die Zuhörer belohnen das mit spontanem Applaus.

In Rönnes Buch gibt das Kapitel »Wie wird man zum Menschenhasser« eine Anleitung zur Misanthropie, in »Ich bin neidisch« gönnt sie erfolgreicheren Kollegen ihren Erfolg nicht und ihrer Meinung nach gibt es nichts traurigeres als Menschen, die sich morgens im Spiegel zulächeln, um positive Gefühle auszulösen. Und doch grinst sie auf Fotos breit, lacht bei Lesungen laut und viel und räumt schließlich selbst ein: »Ich mag ja eigentlich gute Laune.«
Einen Beitrag von Daniela Schumann zu Margarete Stokowskis Buch »Untenrum frei« finden Sie hier.
Beitragsbild: Moderatorin Katrin Gottschalkt (links) im Gespräch mit den Autorinnen Ronja von Rönne und Margarete Stokowski (rechts). © Agnes von Laffert
Die Veranstaltung: Fuck, fuck, fuck, fuck, fuck – Warum Lächeln keine Lösung ist, Ronja von Rönne und Margarete Stokowski im Gespräch mit Katrin Gottschalk, Moderation: Katrin Gottschalk, taz.Studio auf der Messe, 23.3.2017, 11.00 Uhr
Das Buch:
- Ronja von Rönne: Heute ist leider schlecht. S.Fischer, Frankfurt am Main 2017, 208 Seiten, 12,99 Euro, E-Book 9,99 Euro
- Margarete Stokowski: Untenrum frei. Rowohlt, Hamburg 2016, 256 Seiten, 19,95 Euro, E-Book 16,99 Euro
Die Rezensentin: Agnes von Laffert