Patricia Holland Moritz liest zum Muttertag im Botanischen Garten aus ihrem Buch »Mordzeitlose«.

Gerade noch ein paar Zeilen im Buch gelesen, betrete ich das Gartenhaus des Botanischen Gartens und fühle mich sofort selbst in die Geschichte versetzt. Mich empfängt eine warme, tropische Luft. An jeder Ecke sind saftig grüne Pflanzen mit teils vor Farbenpracht strotzenden Blüten zu entdecken. Ich höre ein wildes Vogelzwitschern und kann meinen Blick einfach nicht von den vielen bunten Schmetterlingen wenden, welche tänzerisch durch die Luft fliegen. In diesem Moment kann ich die Leidenschaft Margrit Kunkels zu ihrem Garten und all den Pflanzen erstmals richtig verstehen. Margrit Kunkel ist die Protagonistin im Buch »Mordzeitlose«. Als Tochter eines Gärtners befasst sie sich schon ihr gesamtes Leben mit Pflanzen, welche sogar ihre nicht vorhandenen menschlichen Freunde ersetzen. In dem Krimi geht es um den Tod ihrer Mutter. Zudem scheint es auch Zusammenhänge zu dem mysteriösen Verschwinden ihres ersten Freundes zu geben. Als Margrit später als Leiterin der Holländischen Gartenakademie auch noch eine menschliche Hand in der Erde findet, entscheidet sie sich, der Sache selbst auf den Grund zu gehen …
Als ich meinen Platz erreiche, wartet schon eine kleine Überraschung auf mich. Anlässlich des Muttertags bekommt jeder Gast ein Päckchen mit einer Leipziger Blumensamenmischung. Die Reaktionen darauf sind sehr positiv, ich vernehme sogar Gespräche über mögliche Anpflanzorte. Insgesamt ist das Publikum etwas älter und überwiegend weiblich, was hinsichtlich des Muttertags nicht verwunderlich ist. An diesem sommerlichen Tag ist die Stimmung von Anfang an heiter, die einen essen kurz vor Beginn der Lesung noch genüsslich ein Eis, die anderen schlürfen eine eisgekühlte Limo. Zu Beginn der Lesung stellt die ehemalige Leipziger Buchhändlerin Patricia Holland Moritz sich kurz vor und tritt dann zu meiner Überraschung mit einer Gerbera vor die erste Reihe. Eine Frau wird ausgezählt, welche diese Blume während der Lesung hochhalten soll, damit der Fokus der »Reisegruppe« immer nach vorne gerichtet bleibt und nicht zu den schönen Gewächsen nebenan abschweift. Damit bringt Moritz den ersten Lacher des Abends. Und das soll nicht der Letzte gewesen sein.

Auch im Text sorgt beispielsweise das im Gespräch zwischen Herrn Everding und Frau Haselnuss eingeschobene Wortspiel »Er schien die Haselnuss geknackt zu haben« für ein Schmunzeln bei den Zuhörern. Moritz’ sehr gelassenes, jedoch ausdrucksstarkes Vortragen der Texte zieht die Zuhörer – auch ohne Gerbera – in ihren Bann. Wie geht es weiter? Was könnte hinter dem Tod der Mutter stecken? Plötzlich ertönt ein lautes Grollen. Verwirrte Blicke gehen umher und auch Moritz stockt kurz in ihrem Lesefluss und kommentiert noch »Diesen Baustellenlärm kenn ich nur aus Berlin«. Wieder lachen die Leute. Dennoch muss ich beim wiederholten Male darüber nachdenken, was die Ursache dieses lauten und störenden Geräusches ist. Nach einigem Umhersehen konnte ich die Übeltäter der automatisch öffnenden Dachfenster entdecken. Schnell wende ich mich nun wieder der Lesung zu. Die weiteren Störgeräusche nehme ich nur noch am Rande wahr, da die Geschichte mehr und mehr interessant zu werden scheint.
Wenn ich mich umschaue, kann ich ein Lächeln in vielen der Gesichter sehen. Es scheint aller Neugier und das Verlangen nach mehr Informationen über die mysteriösen Umstände geweckt worden zu sein. Und genau in diesem Moment, als die letzten Sonnenstrahlen durch die gläsernen Dächer scheinen, beendet Moritz ihre Lesung, passend zu dem Zeitpunkt, als ein Handy zu klingeln anfängt. Vor mir hält eine Frau ihre Freundin noch davon ab, die letzten Seiten des Buches zu lesen. Nach der Verabschiedung laufe ich, noch in Gedanken bei Fräulein Kunkel und ihren Pflanzenfreunden, durch die Gartenhäuser, diesmal mit mehr Bedacht. Ich muss ganz klar feststellen: Es konnte kein besserer Ort für diese Lesung gewählt werden.
Beitragsbild: Patricia Holland Moritz liest aus ihrem Buch © Laura Steglich
Die Veranstaltung: Patricia Holland Moritz liest aus Mordzeitlose, Botanischer Salon, 13.5.2018, 18 Uhr
Das Buch: Patricia Holland Moritz: Mordzeitlose. GMEINER Verlag, Meßkirch 2018, 346 Seiten, 12 Euro, E-Book 9,99 Euro
Die Rezensentin: Laura Steglich
Liebe Laura,
erst jetzt kam ich in den Genuss Deiner liebevollen “Rezension” meiner Lesung in Leipzig.
Sehr herzlichen Dank dafür, was für eine schöne Erinnerung, auch für mich!
Ganz herzlich,
Patricia Holland Moritz
Vielen Dank für Ihren Kommentar, das Leipzig-lauscht-Team freut sich!