Können fünf Tage ein ganzes Leben verändern?

Diese Frage steht im Mittelpunkt des Buches »Jemand wie du« des katalanischen Bestsellerautors Xavier Bosch. Er und sein Schriftstellerkollege Michael Ebmeyer lesen aus dem Roman im Literaturcafé Leipzig.

Der Autor Xavier Bosch. © Toni Moreno

Als ich gehetzt das Café betrete, da ich mich auf dem Weg verlaufen habe, muss ich feststellen, dass meine Aufregung umsonst war. Der gemütliche Raum ist bis auf zwei ältere Herren, die entspannt einen Kaffee trinken und in Heften blättern, noch nicht weiter gefüllt. Ich freue mich, an einem kleinen Tisch in der ersten Reihe Platz nehmen zu können und schaue mich weiter im Raum um. In der vorderen Ecke erkenne ich den Autor Xavier Bosch, den Moderator Michael Ebmeyer und zwei weitere Damen, die zusammen etwas trinken und sich auf katalanisch unterhalten. Erst kurz vor Beginn der Veranstaltung füllt sich der Raum, vor allem mit Romanistik-Studenten der Universität Leipzig, und die Lesung beginnt mit Verspätung.

Zu Beginn der Veranstaltung stellt Ebmeyer seinen Kollegen Bosch und dessen Werdegang als Journalist und Bestsellerautor vor. Anschließend folgt ein kurzes Gespräch über die aktuelle Lage in Katalonien, was ein sichtlich wichtiges Thema für den Autor aus Barcelona ist. Der Moderator übersetzt dabei Boschs Aussagen – scheinbar nur für mich, da der Rest des Publikums die katalanische Sprache zu beherrschen scheint. Auch Ebmeyer ist es, der die verschiedenen Passagen aus dem Liebesroman mit starker Betonung und wechselnden Stimmlagen vorliest, während Bosch die Stellen aus der Originalfassung mitliest.

»Der Roman beginnt mit dem Tod der Hauptfigur, der Mutter eines neunjährigen Mädchens?«, wundert er sich nach dem Lesen des ersten Kapitels. Bosch begründet dies damit, dass seine Mutter gestorben sei, als er 19 Jahre alt war und nachdem er die Hälfte seines Lebens ohne sie verbracht habe und sich nicht mehr an ihre Stimme erinnern könne, wolle er ihr dieses Buch widmen. Als Handlungsort für die Liebesgeschichte im Buch habe der Autor Paris gewählt, da es die Lieblingsstadt der Eltern gewesen sei und die Familie dort viele Sommer verbracht habe.

© Thiele Verlag

Abgesehen von diesem ergreifenden Moment aus Boschs Leben ist die Veranstaltung mit viel Witz, Anekdoten aus dem Leben und den beliebtesten Zitaten des Autors gestaltet. Dem Publikum, das zur Hälfte aus Studenten besteht, ist anzusehen, dass sie den Abend genießen und über die Witze von Bosch in seiner Landessprache schon vor der Übersetzung lachen können. Als sich die Veranstaltung jedoch dem Ende neigt und Fragen gestellt werden können, wird das bis dahin so aufgeweckte Publikum ruhiger. Bosch erklärt, er habe die Tradition, dem- oder derjenigen mit der besten Frage des Abends sein Buch zu schenken. Da die spannenden Fragen dennoch ausbleiben, geht der Preis an eine Studentin mit der Frage: »Wer wird Ihrer Meinung nach die Fußball WM gewinnen?«, die einen Tag nach der Veranstaltung startet. »Frankreich!«, ist daraufhin sein Tipp. Zum Abschied signieren die beiden Autoren noch die Bücher der Gäste und unterhalten sich eine Weile mit ihnen.

Als ich mich auf den Heimweg begebe, schwelge ich in Erinnerungen an Paris, die ebenfalls meine Lieblingsstadt ist. Bosch hat die Stadt in »Jemand wie du« so detailreich beschrieben und dabei von mir unbekannten Orten geschwärmt, dass ich mir wünsche, bald wieder dorthin zu reisen.

Beitragsbild: Autor Xavier Bosch mit Schriftstellerkollege Michael Ebmeyer (links) während der Lesung. © Tyra Schnicke


Die Veranstaltung: Xavier Bosch liest aus »Jemand wie Du«, moderiert von Michael Ebmeyer, Literaturcafé Leipzig, 13.6.2018, 19.30 Uhr

Das Buch: Xavier Bosch: Jemand wie Du. Thiele Verlag, München-Wien 2018, 360 Seiten, 20 Euro, E-Book 15,99 Euro


 

 

Die Rezensentin: Tyra Schnicke