Ich bin so hässlich, ich bin der Hass

Slam-Poet, Kabarettist, Kleinkünstler und Autor Julius Fischer »hasst Messen … äh … Menschen« und liest auf der Leipziger Buchmesse aus seinem neuen Buch.

Die Straßenbahn zum Messegelände könnte voller nicht sein. Es muss ja auch Schneechaos herrschen. Ich berühre vier Menschen gleichzeitig, das muss ein neuer Rekord sein. Auf der Messe angekommen, schleichen die Leute nur so vor sich hin und bleiben unangekündigt stehen. Ich laufe in sie rein, nuschle eine Entschuldigung und gehe weiter. Alles, was mir durch den Kopf geht: Ich hasse Menschen. Ganz gelegen kommt mir da die Lesung von Julius Fischer, dem es genauso geht wir mir. Denn er hat ein neues Buch zu genau diesem Thema geschrieben.

© Voland & Quist

Fischers Buch »Ich hasse Menschen: Eine Abschweifung« erinnert eher an eine Novelle, wie er selber sagt, denn für einen Roman sei es nicht lang genug. Er möchte damit den »Hass gesellschaftsfähig machen und aus der Schmuddelecke herausholen«. Er ist der Meinung, dass »nicht nur Idioten hassen dürfen«. Grob handelt es von einer Bahnfahrt, auf der der Autor immer wieder abschweift und kleinere Geschichten aus seinem Leben oder von Alltagssituationen erzählt. Julius Fischer scheint mehrere seiner Poetry-Slam-Texte in eine übergreifende Handlung eingebunden zu haben. Es gibt keine Kapitel, was es nicht unbedingt leichter macht, das Buch zu lesen.

Doch was selbstgelesen etwas schwerfällig ist, funktioniert live vorgetragen umso besser. Die Leseinsel Junger Verlage ist gut gefüllt. Alle Plätze sind besetzt, viele Zuschauer sitzen auf dem Boden und andere stehen in den Gängen. Ich kann die Gedanken, der sich durch die Massen drängenden Besucher förmlich hören: Sie hassen Menschen. Übertönt werden die Gedanken jedoch durch die vielen Lacher, die Fischer mit seinem Vorgetragenen erntet. Der beste Witz und Höhepunkt, der mit lautem Lachen und Applaus gekürt wird, gelingt Fischer mit: »In jedem Menschen steckt ein Arschloch. Ich komme aus Dresden, ich weiß das«.

Julius Fischer © Enrico Meyer

Er liest mehrere Passagen aus seinem Buch vor. Er beginnt mit der Zugfahrt und dem ihm gegenübersitzenden »Möhrenmann«, der so heißt, weil er lautstark Möhren kaut. Und ja, Mehrzahl. Weiter geht es mit einem Abschnitt zur Buchmesse und seinem sächsischen Freund Enrico, der einen Fitness-Reiseführer über Sachsen plant. Als letztes dann noch die Beschreibung eines Telefonats mit seiner Freundin, weil die gemeinsame Katze mal wieder ins Bad gekackt hat.

Weil die Zeit wie im Flug vergeht, wenn man sich amüsiert und Julius Fischer sieben Minuten früher aufhört als geplant, macht sich Enttäuschung in mir breit. Während meine Sitznachbarn sich darüber unterhalten, wie oft sie den Satz: »Ich hasse Menschen sagen«, was doch öfter passiere, bildet sich eine Menschentraube um den Messestand des Verlages Voland & Quist. Fischer steht dort und signiert Bücher. Man könne sich aber auch Bilder von seiner Katze zeigen lassen. Ich versuche mich durch die Massen in die nächste Halle zu kämpfen und denke mir: Ich hasse Menschen.

Beitragsbild: Julius Fischer © Dana Haufschild


Die Veranstaltung: Julius Fischer liest aus Ich hasse Menschen: Eine Abschweifung, Leseinsel Junger Verlage, 18.3.2018, 13 Uhr

Das Buch: Julius Fischer: Ich hasse Menschen: Eine Abschweifung. Voland & Quist, Dresden 2018, 160 Seiten, 16,00 Euro


 

 

Die Rezensentin: Dana Haufschild