Ann Wiesental liest aus ihrem Handbuch »Antisexistische Awareness« in der Kulturfabrik Leipzig, Frauenkultur e.V.
»Antisexistische Awareness bezeichnet einen achtsamen und bewussten Umgang mit Betroffen_en von sexualisierter Gewalt und sexistischer Diskriminierung.«, dies sind die einleitenden Worte von Ann Wiesentals Handbuch »Antisexistische Awareness«. Die Autorin hält Vorträge, veranstaltet Workshops, ist Mitbegründerin des Netzwerks Care Revolution und aktiv im Feministischen Institut Hamburg. Da sie von 2007 bis 2014 sechs Konferenzen zum Thema »Antisexistische Praxen« organisierte und Unterstützungsarbeit für Betroffene leistet, hat sie ein geschärftes Bewusstsein zum Thema Sexismus und sensibilisiert die Gäste ihrer Lesung im Soziokulturellen Zentrum Frauenkultur dafür.
Der Frauenkultur e.V. liegt unterhalb des Werk 2 in Connewitz. Der politisch eher links orientierte Stadtteil Leipzigs tritt offen gegen Rassismus, Sexismus und Diskriminierung ein und trotz des Schneeeinbruchs ist es nicht verwunderlich, dass zur Lesung zahlreiche Interessierte erschienen sind. Möge man annehmen, dass vor allem junge cis oder trans Frauen diese Thematik beschäftigt, so fehlt man. Der Saal ist voll mit Menschen unterschiedlichster Herkunft, Alter oder Geschlechts.
Frau Wiesental nimmt auf der Bühne Platz und beginnt von den Anfängen ihrer Unterstützungsarbeit in Camps zu erzählen. Später macht sie eindrücklich klar, dass diese Lesung kein Monolog werden soll. Sie interessiert sich für eine anregende Diskussion und ein Gespräch. Wichtig sei der Austausch von Erfahrungen und Meinungen. Ihr Wunsch wäre es, nach der Lesung mit dem Publikum in den Dialog zu treten.

Das Handbuch sowie die Lesung sollen praktische Tipps für antisexistische Unterstützungsarbeit geben, sodass im besten Fall weitere Awarenessgruppen gebildet werden können, die ihren Einsatz auf Partys, Konferenzen, politischen Camps oder Festivals finden. Ann Wiesental unterstreicht, dass sich das Buch nicht nur an Unterstützer_innen richtet, sondern auch an Betroffene von sexualisierter Gewalt oder Diskriminierung. Während der Lesung spricht sie unter anderem über Formen und Aufgaben von Awarnessarbeit, Intersektionalität wie man konkret Unterstützung leisten kann. Das Publikum interessiert sich besonders für Letzteres. Wie beginnt man ein Gespräch mit einer betroffenen Person? Wie kann man konkret helfen? Wo liegen die Grenzen der Unterstützungsarbeit?
Bevor sie zur Gesprächsrunde übergeht, befasst sie sich mit überholten gesellschaftlichen und individuellen Annahmen. »Betroffene sind nur dann betroffen, wenn man es ihnen ansieht.« oder »Ich bekomme es mit, wenn ich eine Grenze überschreite.« sind nur zwei Beispiele. Die Autorin plädiert dafür, dass man solche Sätze überdenken und reflektieren sollte.
Bei der anschließenden Diskussion beteiligt sich das Publikum rege und Frau Wiesental nimmt sich Zeit jede einzelne Frage oder Meinung zu beantworten. Mit ihrer ruhigen Art und ihren Erfahrungswerten nimmt sie das Publikum für sich ein. Sie gibt einen neuen Einblick in die Unterstützungsarbeit mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt und sexistischer Diskriminierung und man selbst wird diesem Thema nähergebracht und sensibilisiert.
Beitragsbild: Ann Wiesental liest. © Clara Gärtner
Die Veranstaltung: Ann Wiesental liest aus »Antisexistische Awareness«, Kulturfabrik Leipzig, Frauenkultur e.V., 16.3.2018, 18 Uhr
Das Buch: Ann Wiesental: Antisexistische Awareness. Unrast Verlag, Münster 2017, 168 Seiten, 12,80 Euro
Die Rezensentin: Clara Gärtner