»Gangbang unterm Weihnachtsbaum«

Eine halbbesinnliche Weihnachtslesung mit Christian von Aster in der Moritzbastei.

Braves Schlangestehen unter einem Herrenhuter Stern. Das Publikum der ausverkauften Veranstaltungstonne in der Moritzbastei wartet auf Einlass. Dieser und der Beginn der Lesung verschieben sich um 30 Minuten. Als endlich alle einen Platz gefunden haben, sowohl Sitz- als auch Stehplatz, beginnt die Lesung.

© Edition Roter Drache

Eine Person mit Plastikbeutel huscht über die Bühne. Es ist der Moderator, der durchscheinen lässt, dass es ein Abend mit Humor und derben Witzen werden wird. Er spricht über die angeblich ausgestorbene vaterlose Empfängnis, die es jedoch täglich zehnmal in Leipzig-Grünau gibt. Dann trägt er noch das Gedicht »Traumweihnacht« vor. Darin geht es um den, nicht unbedingt bekannten, Gangbang unterm Weihnachtsbaum.

Unter Applaus rennt Christian von Aster mitsamt Hund auf die Bühne. Bevor er mit dem Lesen beginnt, stellt er kurz sein neues Buch »Ruprechts großer Rutentest« vor, eine Sammlung seiner bekannten und neuen Weihnachtsgeschichten. Doch sind diese etwas anders als die traditionellen Erzählungen. Es geht um kleinwüchsige Wrestlingmanager, desertierte Weihnachtselfen und christliche Softwareentwickler. Von Aster beweist sogar, dass Dracula und der Weihnachtsmann dieselbe Person sind. Und so sind alle Texte etwas absurd und manche verstörend, aber auf jeden Fall sehr amüsant.

Nachdem der Autor eine Pause ankündigt, damit es in der zweiten Hälfte Sitzplätze für die Stehenden gibt, beginnt er seine erste weihnachtliche Erzählung zu lesen. Sie entstammt dem Subgenre der Psychiatrieweihnachtsgeschichte. Durch Akzente, unterschiedliche Stimmen und eine gewisse Gestik und Mimik wird die Geschichte lebendig. So bekommt zum Beispiel der Patient Shletkov einen russischen Akzent. Man merkt, dass es Christian von Aster nicht nur auf über 25 Publikationen gebracht hat, sondern neben vielen anderen Tätigkeiten auch als Sprecher arbeitet. Es ist der Beginn eines Abends voller Lacher über abgebissene Finger, Freiheitsberaubung und brennende Tauben. Neben weihnachtlichen Texten, liest von Aster auch andere Geschichten und Gedichte. Er spricht über »die subtilen Schuldgefühle unverheirateter Bigamisten«, trägt seine Version des Zauberlehrlings »der Zauderlehrling« und noch viele mehr vor.

Christian von Aster. © Edition Roter Drache

Christian von Aster ist zwar, wie er sagt, für jeden »heiteren Scheiß« zu haben, doch wird es auf einmal ganz ruhig im Saal. Wer seine Lesungen kennt, weiß, dass sich zwischen all den absurden Geschichten immer eine Andere versteckt. Eine etwas Ernstere. In »und dann begann ich mich zu verabschieden« stellt er seine Idee des Traumbestatters vor. Er spricht von seinem Lebenstraum Bestsellerautor zu werden. Wie sich dieser Traum von seiner Zeit und sozialen Beziehungen ernährt. Außerdem erzählt er über jene Träume, von denen man sich entfremdet, von denen man sich verabschieden muss. Träume, die einem nicht guttun.

Nach seinem letzten Text steht von Aster auf, feuert zwei Konfettipistolen ab und verbeugt sich unter frenetischem Applaus. Anschließend beglückt er das Publikum mit einer zusätzlichen Geschichte. Doch nach zwei Stunden muss dann wirklich Schluss sein. Er feuert abermals die Konfettipistolen ab und bedankt sich bei den Gästen: »So ausverkauft war ich noch nie. Ich habe das Gefühl, aus mir wird doch noch was.« Es gab an diesem Abend alles, was man sich wünschen kann. Vorweihnachtliche Stimmung, viel Gelächter, aber auch so manchen ernsteren Moment. Falls noch das ein oder andere Weihnachtsgeschenk fehlt: Christian von Asters Buch oder eine Karte zu einer seiner Lesungen sind eine Überlegung wert.

Beitragsbild: Christian von Aster. © Dana Haufschild


Die Veranstaltung: Christian von Aster liest aus Ruprechts großer Rutentest, Moritzbastei, 10.12.2017, 20 Uhr

Das Buch: Christian von Aster: Ruprechts großer Rutentest. Edition Roter Drache, Remda-Teichel 2017, 188 Seiten, 9,95 Euro


 

 

Die Rezensentin: Dana Haufschild