Ein Sprachkunstwerk ohne überraschenden Plot

«Der Hund» von AKIZ brilliert – mit klarer, präzise beschreibender und bildreicher Sprache, trotz absehbarer Handlungsstränge

Ein Waisenjunge, den alle nur Hund nennen und dessen Herkunft gleichermaßen mysteriös ist wie seine gesamte Person, ein gesellschaftlicher Außenseiter, ein seltsames Genie, löst etablierte Sterneköche ab.

Beschrieben werden die Geschehnisse von Mo, der den Hund bei der Arbeit in einer Imbissbude kennenlernt und von da an seinen Weg begleitet. Durch einen geschickten Deal landen beide als Köche im exzellenten El Cion, das vom sagenumwobenen Sternekoch Valentino geführt wird. Der Hund baut sein Talent aus und die Nachfrage nach seinen Kreationen wächst gewaltig.

Die Handlung des Romans an sich ist enttäuschend und entspricht nicht den Erwartungen, die aus der Lektüre des Klappentextes hervorgehen. Nichts völlig Unabsehbares oder Überraschendes geschieht. Schleppend bewegen sich die Geschehnisse auf den Höhe- und Wendepunkt zu.

Demgegenüber steht die Sprache, die AKIZ verwendet. Es gelingt ihm außerordentlich gut, Einblicke in die Gefühlswelt seiner Figuren zu offenbaren. Gnadenlos ehrlich und unverfroren beschreibt er Gedanken, Emotionen, Vorgänge. Die Sprache im Roman ist derb, Militärvergleiche reihen sich an scheinbar bis ins Unendliche reichende Aufzählungen und Vergleiche, die in ihrer Bildhaftigkeit einmalig sind. Wirklich besonders ist der Sog, den die Darstellung von Geschmäckern entwickelt. Die sonderbaren, auf mysteriöse Weise heilversprechend und hinreißenden Kreationen des Hundes erlangen einen sprachlichen Ausdruck, der es scheinbar möglich macht, den Geschmack just in dem Moment des Lesens auf der Zunge verspüren zu können.

Diese Sprache steht für sich. Sie allein ist Grund genug für eine klare Empfehlung. «Der Hund» ist also ein Roman für alle diejenigen, die sich an der atemberaubenden Wucht von Sprache erfreuen, nicht aber für Lesende, die nach einem äußerlich spannenden Plot lechzen.


Das Buch: Akiz: Der Hund. hanserblau, München 2020. 192 Seite, 18 Euro, E-Book 13,99 Euro


 

 

 

Die Rezensentin: Helena Stahlschmidt