Ein bekanntes Problem – manchmal wird das Bücherregal einfach zu voll! Ein nachhaltiger und sinnvoller Ausweg aus dieser misslichen Lage
Im Westen der Stadt Leipzig, im alten Arbeiterviertel Lindenau, gibt es einen Abschnitt der Georg- Schwarz-Straße zwischen Merseburger- und Uhlandstraße, der früher – und früher heißt gegen Ende des Ersten Weltkriegs, zur Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus – eine sehr prominente Einkaufs- und Flaniermeile war.
Es gab dort bis 1963 das Kino »Central-Lichtspiele«. Das »Central« aus dem Namen dieses Kinos bildet zum Teil den Namen des Antiquariats, das gegenüber des ehemaligen Kinos zur Buchmesse 2015 eröffnete – das Antiquariat Central W33.
Der letzte Teil des Namens ist sozusagen als Insiderwitz unter Vertrauten der Lokalhistorie gemeint, denn es ist einfach die Bezeichnung für die alte Postleitzahl Lindenaus innerhalb Leipzigs. Eigentlich als Lager für das Antiquariat in der Ritterstraße 16 im Leipziger Zentrum gedacht, wurde das Central W33 Teil der kollektiven Bemühung verschiedener engagierter anwohnender Menschen, dem Bedeutungsverlust des Viertels entgegen zu wirken, welcher in der späten DDR einsetzte und sich nach der Wende verstärkte. Der Geschäftsinhaber Henry Rietdorf entschloss sich im Jahr 2012 nach dem Kauf der Immobilie als Lagerrraum kurzfristig den vorhandenen Laden im Haus mit zu nutzen und auf diese Weise zur Verbesserung des Viertels beizutragen.

Im Antiquariat Central W33 werden gebrauchte Bücher kostenlos angenommen und günstig verkauft. Der Bestand ist riesig. Rund 55 000 Einzelexemplare sind hier im Lager vorhanden, sogar 65 000, wenn man die Duplikate mitzählt. Einige der gelagerten Bücher sind auch schon um die 200 Jahre alt, ein Besuch zum Schmökern lohnt sich auf jeden Fall.

Eines der älteren Bücher im Lager © Antiquariat Central W33
Falls man also mal nicht weiß, wohin mit den alten Büchern – hier ist der richtige Ort für sie.

Man bekommt im Laden den Eindruck, ein größeres Angebot für jüngeres Publikum zu finden als im zentraler gelegenen Geschäft von Henry Rietdorf. Das zeigt sich im vielfältigen Angebot von Kinder- und Jugendlektüre, aber auch in Aktionen der Zusammenarbeit zwischen dem Antiquariat Central W33 und dem Verein der »Buchkinder Leipzig e.V« im Rahmen des Georg-Schwarz-Straßenfests – dann werden kleine Theaterstücke aufgeführt oder die Kinder in vielfältigen Aktivitäten rund um das Buch- und Grafikwesen belehrt.
Im Allgemeinen versteht sich das Central W33 als ein aktives Forum des Wissens, das Raum bietet für den direkten Austausch und die unmittelbare Begegnung in Leipzig-Lindenau. Dazu werden hier gelegentlich in Kooperation mit lokalen und überregionalen Institutionen und Verlagen Lesungen, Podiumsgespräche, Vorträge oder Konzerte abgehalten. Zur diesjährigen Buchmesse steht noch kein genaues Programm fest, aber man muss auf jeden Fall mit diesem Antiquariat als beständigem Faktor für die literarische Szene des Leipziger Westens rechnen. Dass es mit dem Viertel seit mittlerweile elf Jahren wieder bergauf geht, und eine Menge an kreativen Kunstschaffenden und Läden hergezogen ist, zeigt, dass das Antiquariat Central W33 am Puls der Entwicklung des Viertels liegt und die soziokulturellen Strömungen Lindenaus wahrnimmt und mitträgt.
Beitragsbild: Die Fassade des Central W33 © Antiquariat Central W33
Adresse:
Leipziger Antiquariat e.K.
Filiale Central W33
Georg-Schwarz-Straße 12
04177 Leipzig
http://www.central-antiquariat.de/
Der Rezensent:
Richard Aude