Ich betrete das Beyerhaus und mich empfängt der große charmante Saal. Schnurstracks begebe ich mich an die Bar und ordere ein Glas Wein. Die Vorfreude auf die sogenannte »semi-offene Lesebühne« steigt und ich begebe mich in den Keller: dem Veranstaltungsort der Lesebühne Pinzette vs. Kneifzange.
Wer das Format dieser Lesebühne nicht kennt, hier ein Ausschnitt des selbstbeschreibenden Flyers: »Im 1. Teil des Abends stellen sich eingeladene Gäste einer kurzen Interviewsituation und lesen aus ihrem Werk. Im 2. Teil halten unerfahrene oder gestandene Freiwillige mit ihrer Wortgewalt dagegen.«
Zum Warmwerden trat einer der Moderatoren, der Autor Jan Lindner, an. Er trug eine Szene seines Theaterstücks »Dr. Zagota« vor. Herrlich amüsant änderte er seine Stimme beim Lesen, um zu verdeutlichen, ob gerade PatientIn oder der Doktor selbst spricht.
Anschließend wurde die erste Kandidatin, das Ensemblemitglied der Schauspielgruppe Schillers Erben, Alina Tillenburg, auf die Bühne gebeten. Nach einer kurzen persönlichen Fragerunde durch die Moderatoren las sie ihre Texte vor. Da sie sonst eher selbst auf der Bühne steht, beschloss sie, schriftlich die Zuschauervariante einzunehmen. Alle Unannehmlichkeiten, die sich bei einem ersten Theaterbesuch ergeben können, griff sie gekonnt und gewitzt auf: Bin ich zu leger angezogen? Was mache ich in der Pause, wenn ich alleine gekommen bin? Wie mache ich meine Sitznachbarin nett darauf aufmerksam, dass sie mich mit ihrem ständigen Räuspern auf die Palme bringt? Und überhaupt: Warum ist ihre riesige Handtasche in meinem Beinfreiheitsbereich? Im zweiten Schriftstück gab sie den Zuschauern ein Rätsel auf, das sie ungelöst ließ. Wer meinte, die Lösung zu wissen, konnte sich damit anschließend an sie wenden.

Stella Reiss, Poetry Slammerin aus Erlangen, trat als Nächste auf die Bühne. Ihre Texte waren ernster. Darin besprach sie das Problem einer bipolaren Störung und ständig wechselnder Sex-Partner.
Jakob Brückner schilderte als letzter geladener Gast seine Erlebnisse als Neu-Papa. Er berichtete über Erziehungsratschläge von völlig Fremden auf der Straße und nutzlosen Geschenken zur Geburt, wie knallpinken Kuscheltieren mit Spieluhr im Gesäß. Beim Stöbern im Bücherregal fand er sein altes Witzebuch aus der Kindheit und der Witz aus der Überschrift soll nun endlich aufgelöst werden: »Wenn man ein Ei im Bett essen möchte, kann man darin das Salz aufbewahren.« Okay, vielleicht war das eher ein Fall von Situationskomik für Brückner, der beim Erzählen schon Tränen in den Augen hatte, denn im Publikum erntete er kaum Lacher für diesen Flachs.
Nach einer kurzen Pause trat die Mitveranstalterin Mariann Gaborfi auf die Bühne. Sie schnappte sich das Mikrofon und las ein Abschiedssonett für den dritten Moderator, Nils Matzka, vor. Der war das letzte Mal auf der Lesebühne und verabschiedete sich, um neue berufliche Wege einzuschlagen.
Im zweiten Teil kamen sechs freiwillige Leser zu Wort. Von Kindheitserinnerungen, über eine bewundernswerte Freundin, die bei einem One-Night-Stand ungewollt schwanger wurde, bis hin zu einem fünf-szenigen Theaterstück wurde allerlei vorgetragen: charmant mit Witz, nachdenklich oder bittertraurig.
Nicht alle Beiträge der freiwilligen Vorleser haben mir gefallen. Manch einer hat genuschelt oder der Text war einfach nicht nach meinem Geschmack. Aber ich wurde ein paar Mal berührt: mal von Rührseligkeit, mal von Freude.
Beitragsbild: Das Beyerhaus vor Veranstaltungsbeginn. © Isabell Hildebrandt
Die Veranstaltung: Lesebühne Pinzette vs. Kneifzange – Ausgabe 25, Moderation: Jan Lindner, Mariann Gaborfi, Nils Matzka, Beyerhaus, 08.05.2018, 20 Uhr
Die Rezensentin: Isabell Hildebrandt
Leider war ich nicht bei der Veranstaltung, habe aber beim Lesen Lust bekommen, auch einmal zu “lauschen” wenn ich das nächste Mal in Leipzig bin!
Das hören wir gerne, vielen Dank für deinen Kommentar!
Viele Grüße vom Leipzig-lauscht-Team
Der Abend mag ja schön gewesen sein, aber die Formulierung des Artikels lässt zu wünschen übrig.
Der Kommentar mag ja kritisch sein, aber die Konstruktivität des Feedbacks lässt zu wünschen übrig.
Viele Grüße vom Leipzig-lauscht-Team
Man merkt wen die Autorin bevorzugt und wen nicht. Der Artikel spiegelt sehr die Eigenempfindung wieder. Finde ich unangebracht. Am Ende wirkt es schon fast patzig… Nicht alle Beiträge haben mir gefallen… Bisschen mehr Sachlichkeit wäre schöner.
Hallo Lisa,
danke für deine Ausführung. Das Stichwort “Subjektivität” diskutieren wir häufig auch im Seminar. Eine Veranstaltung erlebt jede Besucherin und jeder Besucher anders und nimmt jeweils ganz eigene Eindrücke mit. In Besprechungen muss Subjektivität erlaubt sein und (unserer Meinung nach) ist Isabell geschickt damit umgegangen, indem sie den Stellen, die ihr gefallen haben, mehr Raum gibt, aber auch erwähnt, dass es – natürlich in Ihren Augen/Ohren! – qualitative Unterschiede gab. Jemand anders mag ganz andere Eindrücke von diesem Abend behalten haben.
Viele Grüße vom Leipzig-lauscht-Team