Was in Sachsens Gesellschaft auch passiert, im Academixer wird’s seit ’66 satirisiert.
Ein Ort zum Lachen, Geschichte erleben, Geburtstag feiern oder zum Ausführen der Schwiegereltern: keine typischen Assoziationen mit einem Keller, vor allem nicht, wenn sich über ihm ein Altersheim befindet. Doch all das trifft auf den Academixer zu. Hier, im Herzen von Leipzig, setzt man dem Vorurteil, man solle fremde Keller lieber meiden, etwas entgegen.
Bereits im Gründungsjahr 1966 wurde der Academixer auch ohne eigene Räumlichkeiten für seine kabarettistische politische Satire gefeiert. Zu Anfang ein Studentenkabarett, erhielt es erst Jahre später die eigenen vier Wände und wurde ironischerweise erst nach der Wandlung in ein Berufskabarett direkter Nachbar der Universität Leipzig.
Tagtäglich ziehen die Live-Veranstaltungen in der Spielstätte dutzende Menschen an – ausgenommen zur alljährlichen Sommerpause. Denn wer will schon Zeit im Keller verbringen, wenn draußen mal endlich die Sonne scheint? Zu diesen raren Leipziger Sommerstunden wird die Satire ins Tageslicht verlegt und der Keller bleibt dicht.

Doch ob an verschneiten Wintertagen, grauen Herbstabenden oder kühlen Frühlingsnächten – man kann kaum einen gemütlicheren Ort antreffen, als die mit kupferbraunen Holzwänden ausgekleidete Kellerkneipe des Academixer. Die runden Tische, das dämmrige Licht und das über Jahre angesammelte originelle Dekor bieten nicht nur eine gemütliche Atmosphäre, sondern auch einen Blick in Leipzigs Geschichte. Und diese Stätte ist ausgesprochen geschichtsträchtig. Bereits 1913 öffneten die Räumlichkeiten in der Kupfergasse ihre Türen als Messehaus »Dresdner Hof«. Ursprünglich die Empfangshalle des Messegebäudes, wurde der Keller 1980 schließlich das permanente Zuhause des Academixer Kabarett und seiner Gaststätte, dem Mixer.
Zu entdecken gibt es hier viel. Schon beim Eintritt kommt man im Treppenhaus kunstvollen Gipsfiguren entgegen. Der Keller hat über die Jahre einige Umbauten erlebt. Jedoch wurde ein Großteil der von Architekt Walter Gruner entworfenen Einrichtung beibehalten. Sie erinnert immer noch an die Tage als Empfangssaal.

Während man den Beginn der Vorstellung abwartet, bleibt genügend Zeit, die Räumlichkeiten und all ihre Schätze zu begutachten. Unterdessen kann man entspannt Bier aus der Region genießen und von einer wechselnden Karte deftige Mahlzeiten verzehren.
Gastraum und Saal sind separat, sodass man auch ohne Eintrittskarte einer Aufführung das schöne Flair der Kneipe genießen darf. Es lohnt jedoch, darüber hinaus den Saal zu erkunden. Der unter Denkmalschutz stehende Raum hat ebenso wie die Kneipe einiges für das Auge zu bieten. Auch hier wurde viel beibehalten, wie das erst vor sieben Jahren entdeckte Wandbild aus den 1920er Jahren des Leipziger Künstlers Curt Metze.

Natürlich werden nicht ausschließlich Kabarettstücke auf der Bühne gespielt und ab und an treten auch Gastkünstler auf. So findet jedes Jahr zur Buchmesse eine Gastlesung statt. Zum letzten Messetag in diesem März gibt Kabarettist Gunter Böhnke eine Aufführung zum Besten. Es gibt wohl kaum einen geeigneteren Ort für eine kabarettistische Lesung als den Keller eines ehemaligen Messegebäudes und heutigen Kabaretts.
Wer also mehr als nur eine gewöhnliche Lesung an einem alltäglichen Ort erleben möchte, sondern auf Entdeckungsreise der alten Messestadt gehen will, stattet am besten einem der schönsten Keller Deutschlands einen Besuch ab. Ob Tier, ob Mensch; im Mixer ist jeder gern gesehen. Einzige Grundvoraussetzung: Spaß am Lachen.
Beitragsbild: Original-Poster von Kabarettstücken an einer Wand des Academixer-Kellers. © Sara Rau
Die Adresse: Academixer Kabarett, Kupfergasse 2, 04109 Leipzig
Tel.: 0341/ 21787878
Homepage: https://www.academixer.com/
Lesung am 24.03.2019, 15.00 Uhr
Gunter Böhnke, Wo die schönen Mädchen auf den Bäumen wachsen – Sachsen für Kenner und Neugierige.
Die Rezensentin:
Sehr schöner Beitrag und liebevoll beleuchtet. Kann man nur bestätigen. Vielen Dank dafür.
Für manche Überraschungen muss man eben erst in den Keller hinab steigen. Vielen Dank für den Tipp!